Renaissance des Mittelalters? Oder alte Fragen mit neuen Antworten

Renaissance des Mittelalters?

oder alte Fragen mit neuen Antworten

(Kurze Version)

In 2001 schrieb ich, dass die Gesellschaft durch Internet immer mehr mittelalterähnlich  wird, und dass wir dadurch sozusagen der Neuentdeckung des Mittelalters entgegenkommen. Ich finde das nach 11 Jahren noch immer eine zutreffende Metapher, die eine interessante Referenz und zugleich einen Griff bildet, um aktuelle Entwicklungen besser zu verstehen und ins System bringen zu können. Jetzt, in 2012, befinden sich Gesellschaft, Wirtschaftsleben, Individuen und Internet  miteinander in einer noch unbekannten  Entwicklungs- und Transformationsphase. Es scheint, als ob unsere sicheren und schützenden  Hausmauern aufgehoben würden, und  sich unseren Augen total neue Aussichten bieten, wobei wir natürlich neugierig sind aber  gleichzeitig auch befürchten, unseren Schutz und  unsere Sicherheit  verloren zu haben. Banken, Zeitungen, Kirchen, Regierungen sind auf einmal  etwas ganz anderes geworden. Die Welt  scheint einerseits für Hypes mehr anfällig zu sein, und es  werden  andererseits unaufhörlich neue Verbindungen und neue Kombination gebildet. Das ist eine simultane Entfaltung und Trendsetzung ( Weave and Wave). Erkennbar für Sie?

Mit Internet fallen  Begriffe wie Ort, Zeit und in hohem Maße auch Kosten bei der Informationsübertragung weg. Informationen sind jetzt jederzeit und für alle  kostenfrei erhältlich, und das führt zu  Veränderung in den Machtstrukturen. Der Slogan „Wissen ist Macht“ führte im vorigen Zeitalter zu einem bitteren sozialen Kampf um  Ausbildungsplӓtze für alle sowie zu Transparenz in der   Führungsstruktur. Die gezogenen Parallelen  bieten  Wirtschaftsleben, Bildungssystem und Politikern die Möglichkeit, Neuheiten schneller und besser zu begreifen und bei der Beschlussfassung besser einzusetzen. Das hilft um eine gewisse  Lähmung bei der Beschlussfassung zu überwinden und  neue Perspektiven zu kreieren.

Das Mittelalter; die Zeit von Adel, Klerus und aufkommender Bourgeoisie . Große Organisationen kommen außer der Kirche noch nicht vor. In dieser kleinen Welt  wissen alle alles und  über alle und Gerüchte verbreiten sich  superschnell. Jeder ist mit jedem mit einem, zwei oder drei  Schritten in übersichtliche soziale Gruppen verbunden. Heute sehen wir soziale Netze, virtuelle Begegnungsplӓtze, wie im Mittelalter der Markt und die Dorfpumpe es waren, und alle sind nur einige Schritte voneinander entfernt. Heute bilden sich  noch immer Gerüchte, und die Nachrichten verbreiten sich über Facebook, Twitter und Yammer. Von  Russland  aus geht das freie Wort über Blogs und andere Social Media um  die Welt. Es gibt heute große, aber relativ einfach miteinander verbundene, Datenbanken. Dadurch wissen wir voneinander mehr als damals, und man kann heutzutage die Vergangenheit nicht mehr löschen, um woanders ein ganz neues Leben zu beginnen. Youtube ist eine virtuelle Variante einer mittelalterlichen Kirmes, wo man sich  selbst genau wie früher als Form der Unterhaltung auf einem  Wagen präsentieren kann.

Internet bringt  Respekt für Handwerk zurück. Da Kunden ohne praktisch mühelos einen Überfluss an Möglichkeiten zur Verfügung haben, muss man heute als Lieferant  einfach altmodisch sein Bestes tun.  Die Handwerksakademie ist in der Zwischenzeit schon gegründet, und  alte Gilden  sind lebendiger als je zuvor. Sie  haben aber heute einen anderen modernen Namen (Incrowd, Virtual Community, Closed User Group, zertifizierte RC, RI usw). Wie früher in den Gilden  bilden  Meister ihre Lehrlinge (Azubis) aus und lassen sich bei einander in der Nähe nieder. Das Wirtschaftsleben übernimmt langsam aber sicher die Regie im  Ausbildungssystem, und die alte Bäckerstrasse kommt in der Form einer regional geprägten Wirtschaftsaktivität zurück (Silicon Valley).

Die Selbstplanung- auch bekannt als individuelle Planung- als Teil der Ketten-Umkehrung- und andere Formen der Selbstorganisation nehmen zu: vom Arbeiten für den Chef zum Chef  der eigenen Arbeit. Von Mitarbeitern selbst zusammengestellte Teams sind Realität geworden. Als Beispiel nenne ich hier Buurtzorg Niederlande. Das ist  eine schnell wachsende Initiative, wo Fachkräfte  von zu Hause aus Pflegedienste  für ihre pflegebedürftigen Kunden regeln, was sicher zu den Trends dieser Zeit passt. Das ist unsere  nähere Zukunft. Franchise-Formeln werden eine wichtige Organisationsform, weil sie Einkaufskraft mit Geschäftseigentum kombinieren, wodurch die  Zusammenarbeitskosten wesentlich gesenkt werden können.  Das würde die Rückkehr des Lehnsherrn(Franchisegeber) bedeuten.  Nach diesem Prinzip wird z.B. das Augenkrankenhaus aus Rotterdam eine Franchise-Formel, die bisher  meistens bei Geschäfts- und Fast Food-Ketten verbreitet war, anderen Krankenhäusern anbieten. Warum ist Marktplaats.nl, die niederländische Variante von www. ebay.com ein riesengroßer Erfolg geworden? Nachfrage und Angebot sind einfacher geworden, weil Produktinformationen und das physische Produkt geschieden angeboten werden. Dabei wird das Produkt der ganzen Welt angeboten, statt nur einem Dorf oder einer Großstadt. Nicht  one to many sondern one to everyone und damit auch Longtail-Strategie als Tatsache.

Bezahlbare Technologie macht Kleinbetriebe  und Handwerk erfolgreich. Man kann heute Produkte der ganzen Welt anbieten, und die Chancen, einen Käufer schnell zu finden nehmen also enorm zu. Maßgeschneiderte Lösungen sind möglich, weil Informationsaustausch dafür relativ einfach ist. Und weil der Käufer und Verkäufer einander nicht kennen, ist das gegenseitige Vertrauen genauso wichtig wie früher bei den reisenden Marktkaufleuten:  nach dem Prinzip: unbekannt macht unbeliebt. Referenzbriefe bleiben –in einer zeitgemäßen  Form-noch immer wichtig, haben aber einen anderen Namen: Peer Governance zum Beispiel, oder RRR: Review, Ranking, Reputation.  Das Wirtschaftsleben  wird in zunehmendem Masse nach Vorbildern von  Netzwerken und Gilden umstrukturiert. Es gibt jetzt ca. 1 Million Freiberufler in den Niederlanden, und  ihre Zahl wächst sehr schnell. Der soziale Zusammenhang nimmt gleichzeitig zu. Die Generation Y, die digitale Generation, die mit Internet großgezogen wurde, hat sowieso keine Lust mehr, für einen Chef zu  arbeiten, und will nur das tun, was ihr Spaß macht. Im Mittelalter gab es noch keine Rechtsperson als juristische Figur, und die Menschen waren auf Netzwerke von Freiberufler (Gilden) angewiesen.

In der Kommunikation kommt es zum Aufblühen der Storytelling. Der Dichter des Vaterlands ist ein neuer Minnesänger im Land geworden. Schreiben wird in unserer Zeit  immer mehr Bloggen, und Bilder spielen dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Videoblogging passt bei der Generation Y, die praktisch keine Bücher mehr liest. Die Informationen verbreiten sich jetzt superschnell. Viele  Wirtschafsaktivitäten werden dadurch kurzzyklisch.  Damit werden alte Produktionstheorien (umfangreiche Produktion mit großen  Vorräten) überholt.

Webcam und Google Earth sind realisierte Formen der Allgegenwärtigkeit und Allwissenheit, die früher nur der Kirche und Religion zugeschrieben wurden. Die ganze Welt ist ein großes Dorf und Tom Tom und Twitter sind Ihre Reisefreunde. Wir sehen eBay und Marktplaats.nl als eine Art Lager. Sie zeigen  Wiederbelebung der Tauschwirtschaft, Barter, direkt Peer-to-Peer.  In den Banken und in der Kreditwelt beobachten wir den gleichen Trend. Smava.de, zopa.uk sind P2P Marktplätze für Kredite, die zur Wiederbelebung des Tauschgeschäftes  passen[1]. Ein Beispiel in den Niederlanden ist noppes.nl.  Ein schönes Beispiel der Entwicklung des sozialen Währung ist Bank of Happiness (http:/www.onnepank.ee/about/bsnk/story).

Bald haben Sie Ihre eigene Heizungsstätte für Energieversorgung statt kollektiver Weise, wie es heute noch oft  der Fall ist. Mit einem schlauen Stecker dazu, der Ihre Stromüberschüsse, erzeugt aus Brennstoff-, Sonnenzellen  oder Windmühlen an meinen Mangel kuppeln kann, und man kann behaupten, dass der nächste Schritt Richtung P2P-Tausch gemacht ist. Ich erwarte übrigens, dass  unsere Versicherungen in absehbarer Zukunft wieder über Internet- wie früher Einsammlungen in der Kirche- organisiert werden. Übersichtlich, einfach, verbindend und sinnvoll. Alain Grootaerts spricht in diesem Zusammenhang in seinem Buch „Zin“ über das KIN-Prinzip: Keep it Near und stellt den Begriff Nearonomics vor.[2]

Die Pest kehrt in unser Leben zurück… Im Internetzeitalter verbreiten sich Viren mit verwüstender Schnellheit, und die Medizin, genauso wie Virusscanner, kann den Viren nur noch folgen. Der Pranger ist im Internet schon  anwesend. Justiz und Bürger, die Fotos der  Verdächtigen sowie schwarze Listen der unsicheren Fluggesellschaften veröffentlichen, sind heutzutage Business as usual. Sie und ich können einfach heute von einem beliebigen Mitbürger schuldig erklärt werden, ohne dass dabei das internationale, nationale Recht oder- in Begriffen des Mittelalters gesprochen-Stadtrecht, Adelsrecht oder Kirchenrecht angewendet werden.

Das setzt Verantwortung aller Betroffenen voraus. Internet hat den anwesenden Handlungsraum enorm vergrößert.  Um (empfindliches) Gleichgewicht im System  bewahren zu können muss auf der anderen Seite  Freiheitseinschränkung eingeführt werden. Aufpassen ist  heute die Devise, weil die Vergangenheit als lebenslanges Archiv für immer im Web erhalten bleibt. In der Zeit der geänderten Verhältnisse zwischen dem Staat und dem Bürger geht Privacy-Frage eine nächste Herausforderung ein: was darf der Staat über die Individuen wissen, und was darf er mit diesen Informationen machen. Und wer  überwacht die Wächter letztendlich ?

Die Legitimation des Staates selbst steht heute auch auf der Tagesordnung. Das Verhältnis zwischen dem  Bürger und dem Staat verändert sich. Den schützenden Staat hat man nicht mehr, und es gibt keinen Ersatz. Der Staat kann die Renten sowie das Arbeitslosengeld seiner eigenen Bürger nicht mehr schützen, und weiß oft  auch nicht, wenn  die Versicherungsgesellschaften  Milliardenverluste tragen. Parallel zum abnehmenden Einfluss des Staates hört man immer öfter den Aufruf  zum größeren Einfluss der Bürger bei der Gerichtsbarkeit. TV-Richter sind europaweit ein Beweis dafür. Leider sind  Digitallynchen und –folter neue Realität geworden. Diese Nachrichten  erreichen  in der Regel keine Titelseite in den Tageszeitungen.

Ist Ihnen die Wiederbelebung des Mäzenatentums aufgefallen? Weil der Staat sich von  solchen Projekten immer öfter zurückzieht, melden sich neue  Kultursponsoren, auch wenn diese Bewegung durch die Krise etwas verlangsamt wird. Die größte Telefongesellschaft  in den Niederlanden KPN ist z.B. Sponsor des van Gogh-Museums.

Die Pest ist zurück, wie ich schon gesagt habe.  Leider gilt es auch medizinisch gesehen. Schritt für Schritt  rücken im Westen  immer mehr Infektionskrankheiten dank den  gegen Antibiotika resistenten Bakterien vor. Durch  Beförderung des Globaldenkens und -handelns trägt Internet dazu indirekt bei. Weil wir jetzt viel mobiler sind, sind die Risiken  bei der Verbreitung der Schweinegrippe und anderer Krankheiten viel grösser als früher, wo sie doch mehr oder weniger lokal geblieben sind.

Glaube ins Unbegreifliche ist auch zurück, es  gibt ein enormes Angebot an Kursen, um Energieströme und Karma fühlen zu lassen, die unsichtbar um Sie herum schweben. Betriebsastrologie ist ein explosives Geschäft geworden. Und die Fernsehprogramme wie Medium, Charmed usw. bieten Ihnen täglich neben Unterhaltung Blicke ins Unbegreifliche und Ungreifbare. Und wer noch keinen Glauben  an Gespenster, Toten usw. entwickelt hat, könnte quälende Zweifel fühlen. Menschen sind auf der Suche nach Mystifizierung dort, wo die Welt nach Weber schon vollständig „entzaubert“ ist. Darum begeben wir uns auf die Suche nach anderen Bedeutungsformen.

Sollen wir uns an die  Wissenschaft richten? Wie wissenschaftlich ist eigentlich Wissenschaft heute?  Ich habe sicher viel Respekt vor praktischen und theoretischen Errungenschaften. Aber wie weit sind wir eigentlich wissenschaftlich gesehen nun wirklich vom Mittelalter von Aristoteles entfernt, wogegen wissenschaftliche Riesen wie Bruno, Keppler und Galilei gekämpft und einen teuren Preis bezahlt haben. Wie wertfrei  und empirisch begründet ist die Wissenschaft eigentlich? Denken Sie nur an den heutigen Modelplatonismus, wie Hans Albert das genannt hat, z.B. Mainstream der Makro-Ökonomie[3].  Und was macht Medizin  mit empirischen Daten, dass viele Herzempfänger  z.B. Emotionen, Vorlieben und Erinnerungen des Spenders entwickeln, das sogenannte Organbewusstsein[4]. Es ist sicher viel Mut nötig, um vorurteilslos  auf Dinge wie sie sind zu schauen und vorurteilslos Fragen zu stellen.

Mit der zunehmender Bedeutung von Web als Informationsquelle scheint eine objektive Feststellung des Wertes, der bestimmten Informationen zugeschrieben wird,  immer schwieriger. Sogar Wikipedia, die von Lesern selbst geschriebene Enzyklopädie, probiert die Kontrolle durch den Einsatz der  vertrauenswürdigen Redakteure wieder einzuführen.

Wie die aufkommende Bourgeoisie  gegen das Ende des Mittelalters den damals regierenden Adel zur Seite geschoben hat, warten wir heute auf die Bürger, die in neuen Strukturen mit eigenen Initiativen die zurzeit regierende politische Elite überholen können. Das Internet bietet  Möglichkeiten für direktes politisches Referendum. Pim Fortuyn war in den Niederlanden der erste, der sich auf diese Weise profiliert hat, und es wäre ihm in 2002 beinahe gelungen. Barack Obama hat alle möglichen Digitalmittel mit großem Erfolg beim Wahlkampf eingesetzt, und die Tatsache  ist sicher nicht unbemerkt geblieben. Anonymisierung der Politiker, wie wir diese  aus den vergangenen Jahrzenten kennen,  wird durch persönliche Kommunikation mit dem Wähler verdrängt. Ist  Graswurzeldemokratie eine Frage der Zeit, und wird der rote Bleistift bei den Wahlen  durch die Tastatur verdrängt? Oder ist das alles doch  zu unsicher und ziemlich leicht manipulierbar? Der deutsche  Philosoph Peter Sloterdijk stellt z.B.fest, dass neue Massenmedien zu Medienmassen führen,  Bürgern, die einfach manipulierbar und verführbar sind.[5] Auf der anderen Seite  sehen wir jedoch eine innovative niederländische Bürgerinitiative: www.beleid20.nl, eine Form von User Generated Content. Hier beobachtet man auch Zweifel zwischen Stabilität und Erneuerung,  nicht vergessen bitte: kein Wachstum ohne Wurzeln.

Meinungsforschung www.21minuten.nl  bietet Einsichten in die Ideen und Meinungen der Niederländer. Die große Wandlung besteht heutzutage darin, dass  es nicht  die Politiker sind, die uns vertreten, sondern , dass die Bürger sich selbst zurzeit vertreten. Heute kann man sehen, dass unabhängig vom Interneteinfluss, viele  Bereiche in der Politik schon privatisiert sind, weil an zwei Seiten des Verhandlungstisches oft externe Berater die Spielregeln bestimmen. Gleichzeitig sehen wir zu unserem Erstaunen, dass Parteipolitik viele aktuelle Probleme wie z.B. Kreditkrise nicht lösen kann. Nicht die politische Orientierung, die innerhalb der historischen  Säulen entstanden ist, wird in der Zukunft maßgebend sein, sondern Einsichten auf aktuelle Problemgebiete. Das würde aber bedeuten, dass klassische soziale Ideologien wie Sozialismus, Christentum, Liberalismus kein Ausgangspunkt mehr sind.  Die meisten Stimmen bringt nicht mehr die Position einer bestimmten politischen Partei, sondern die Tatsache, ob die Partei die Meinungen der meisten Wähler in ihrem Wahlprogramm vertreten kann. Demokratie ist nach Pim Fortuyn Macht auf Basis des Mehrheitswillens. Das hat der heutige PVV- Parteichef Wilders (Freiheitspartei) gut begriffen. Was Sie mit der Macht machen, wenn Sie das haben, ist nicht mehr relevant. Denkt der Wähler auch darüber nach ?

Mittelalterliche „ bittere Wirklichkeit“- wie Huizinga gesagt hat-scheint zurückgekehrt zu sein. Hinrichtungen werden aufgenommen und auf YouTube publiziert. Individuelle Sicherheit wird in zunehmendem Masse zu einer persönlichen Verantwortung und keine staatliche Angelegenheit mehr, auch wenn die Politiker  das noch nicht einsehen (wollen). Die Kinder wachsen heute immer seltener in einem sicheren Kokon auf und werden früh mit allen Lebensaspekten konfrontiert.  Ein Zitat von Berkeleys Levine zum Thema : Being threatened engages our deepest resources and allows us to experience our fullest potential as human beings. In turn, our emotional and physical well-being is enhanced”. Ich lade Sie ein, dieses Zitat  auf Sie einwirken zu lassen. Willkommen in der Risikogesellschaft (Risk Society) !

Diese Wandlungen haben einen tiefgreifenden Einfluss auf unsere Identität und auf unser Sicherheitsgefühl. Alte Anker sind weg, und die die neuen haben wir noch nicht gefunden. Meiner Meinung nach ginge es hier nicht nur um eine Kreditkrise, sondern auch um eine Identitätskrise. Gehen wir auf die brennenden Fragen dieser Zeit ein, oder überlassen wir die den anderen? Hat Arnold Cornelis doch Recht gehabt, dass wir auf dem Weg von einem sozialen Regelsystem als gesellschaftliche Ordnung zur kommunikativen Selbststeuerung sind?

Wir wissen immer öfter, was nicht erlaubt ist, aber noch nicht, was erlaubt ist. Diese Antwort kann jemand  nur aus der eigenen Position suchen, denke ich.  Was sind wir? In wieweit sind wir Individuen und in wieweit  eine Gemeinschaft? Zu welcher Ordnung gehören wir, und gibt es Alternativen ? Auffallend ist, dass auch hier deutliche Assoziationen mit dem Mittelalter  hervorgerufen werden können. Es scheint, als ob die ganze mittelalterliche Entwicklungsagenda zurückkommt;  die gleichen Fragen, aber neue Antworten. Aus zahlreichen Beispielen geht hervor, dass Steuerung und Kontrolle von oben oder von außen wegfallen: der Staat verliert an Funktion und Bedeutung, das demokratische Modell verändert sich, Arbeitsgeber als Anker fällt weg, Banken und Versicherungen sind schon über den Höhepunkt usw. Wenn man die dadurch entstandene Leere innerhalb gültiger Normen probiert zu füllen, entsteht  große Unsicherheit. Eine gute Nachricht ist, dass statt dessen andere Formen und Inspirationsquellen wie Pilze aus dem Boden schießen. Wir sehen z.B, wie die Gewerkschaften in den Niederlanden probieren, Freiberufler zu organisieren. Die Beispiele aus dem Wahlkampf von Obama habe ich schon genannt. Es kommen, wie ich schon gesagt habe, neue Fragen : wie organisieren wir gesellschaftliche Debatten? Gleichzeitig gibt es auch  sicher Zellen in dieser turbulenten Zeit, die bleiben : wie z.B. Familie und Schule. Normen- und Wertendebatten entwickeln sich in der Form. Das fordert eine Neuorientierung sowie einen neuen  Offenheitsgrad  als in der Vergangenheit. Uns bietet sich die Chance sich von innen nach außen  gerichtet zu definieren statt einer ideologischen Definition, in welcher Form es auch sein darf.

Es entstehen  verschiedene Formen der Selbststeuerung und Selbstorganisation. Man könnte in dieser Situation über eine hergestellte persönliche Verbindung zwischen Herkunft und Bestimmung und damit Herstellung der persönlichen  Verantwortung sprechen. Sie bestimmen, was in Ihrem Garten wächst, und wem Sie was verkaufen oder schenken. Statt Garten können hier natürlich Kapazitäten und Möglichkeiten stehen.

Unten finden Sie Beispiele  dazu:

Unternehmen:  als Freiberufler: Sie sind selbst Herkunft und  definieren also selbst die Bestimmung Ihres Unternehmens .

Energie: Eigenschaft der nachhaltigen Energie ist  Verbindung zwischen Herkunft und Bestimmung. Sie erzeugen  Wind- und Sonnenenergie, gebrauchen diese selbst und tauschen/verkaufen die Überschüsse.

Schriftsteller : der Schriftsteller/Blogger verbindet sich in der Internetzeit mit seinen Lesern. Der Schriftsteller wird wieder zum Minnesänger oder Narren, fordert uns aber manchmal heraus und fragt:“und jetzt du, erzähl mal uns eine Geschichte“.

(Un)Sicherheit :eigenen Richter spielen, eine unerwünschte Verbindung zwischen Herkunft und Bestimmung, ist eine autonome Konsequenz der Risikogesellschaft.

Verbindung zwischen Herkunft  und Bestimmung des Geldes zum Beispiel in P2P- Banksystemen, einer Verbindung, die wir auch beim Islambank kennen. Das Privatgeld „Ven“  illustriert diese Entwicklung.[6]. Probieren Sie mal  „Ven“ im Google einzutippen, dann können Sie sehen, dass  Finanzierung eine Form der  sozialen Netzwerken wird.

Sie entscheiden sich für oder gegen einen Garten, bezahlen ihn und genießen davon.  Das  bringt das Integritätsthema in den Vordergrund: wenn unser selbstregulierendes Vermögen zunimmt, nimmt unser Vermögen zum flegelhaften Benehmen dementsprechend auch zu. Die Frage ist, welche Seite wir wählen würden. Das Internet bringt uns ins persönliche Zeitalter. Weil die Macht von oben ineffektiver wird, zerbröckeln gesellschaftliche Machtstrukturen. Wir sind Zeugen dieser dynamischen Prozesse. Das Internet kann einen positiven Beitrag zur Entwicklung neuer Initiativen und Zusammenarbeitsformen leisten.

Das Internet kann aber persönliche Kontakte mit anderen nie ersetzen. Die Kernfrage  ist dabei für mich, ob unser menschliches WohlSein durch diese Veränderungen besser wird. Das weiß ich nicht. Was ich aber sicher weiß, ist, dass keine einzige Gesellschaft ohne sozialen Zusammenhalt, mentale Anker und Grundregeln funktionsfähig ist. Wo virtueller Spielraum unser Sichtfeld vergrößert hat, wird die Vergrößerung des politischen Spielraums (Europa, NATO, UNO) unser Sichtfeld dementsprechend verkleinern. Je mehr diese Vergrößerung zur Anonymisierung der eigenen Richtung führt, desto grösser wird der Bedarf an eigener Sprache und Identität als Grundlage im Leben. Man kann die eigene Identität individuell, gruppenweise oder in Communities beliebig einrichten: offenbar oder verschlüsselt, sowie einer-zu einem oder einer- zu allen, und sogar- alle zu allen.

Wir haben großen Bedarf, um unsere  Vision zu teilen, anders droht uns Entfremdung. Perspektiveneinheit bietet uns  Sicht auf Aktion. Das fühlt sich wie Suche nach Bedeutung. Was wir nötig haben ist Einfachheit und Bedeutung:  der Garten als Symbol für Nachhaltigkeit und Selbstständigkeit.  Wir haben Bedarf an Wissenschaft und Presencing: Wissenschaftler müssten alles  im Zusammenhang  untersuchen statt unabhängig voneinander immer dasselbe zu tun. Wir brauchen eigene Neuentdeckung und  Neupositionierung in dieser Zeit. Wir müssen wissen, wo dieser Anker in uns selbst ist. Wo Zusammenarbeit und Integrität eine reine Summe werden und von Managern von oben geregelt werden sieht man Heimweh nach der Herkunft.   Was können wir davon lernen?  Das Paradigma „das Alte steuert das Neue“ funktioniert nicht mehr. Das Paradigma „Das Neue steuert das Alte“ funktioniert nur zum Teil. Das schafft möglicherweise ein politisches Vakuum, öffnet aber gleichzeitig  neue Perspektiven. Die heutige Situation kreiert sowohl Al Qaida und Obama als auch Occupy, Wikileaks und die Piratenpartei, mit anderen Worten Angst und Hoffnung Hand in Hand. Und ausgerechnet dieses Vakuum gibt auch Ansporn für neue  Kreuzzüge und einen neuen Fundamentalismus. Alte  Herrschinstrumente verlieren an Einfluss, und es bilden sich neue.  Wo liegen aber für uns als Individuen die Chancen?

Fremdenhass, Diskrimination, Intoleranz einerseits und Reisefreiheit, Informationen und Wissen, andererseits  werden sich oft kreuzen. Wie können wir unsere Position in der Welt verstärken? Werden wir endlich wach oder ignorieren wir das? Welche Entscheidungen treffen wir? Alle  gesellschaftlichen Wege sind  offen. Ich hoffe, dass die im Essay beschriebenen Assoziationen mit dem Mittelalter Ihnen helfen, unsere Zeit besser zu begreifen, bestimmte Angst wegzunehmen, die immer da anwesend ist, wenn wir etwas nicht begreifen, sowie die Transition  „vom Alten-zum Neuen“  zu beschleunigen und zu vereinfachen. In 2001 habe ich gesagt: nach dem Mittelalter kommt das Goldene Jahrhundert. Sollen wir zusammen davon ausgehen? Oder wird es doch ab ins Mittelalter?

Veroeffentlicht:

Zurueck ins Mittelalter? Brandeins, 14.Jahrgang, Heft 07, Juli 2012. seite 131

Renaissance des Mittelalters, oder Alte Fragen mit Neuen Antworten (Teil 1), (in) Kultur und Management, nr 90, Juni 2014, Seite 48-52

Renaissance des Mittelalters, oder Alte Fragen mit Neuen Antworten (Teil 2), (in) Kultur und Management, nr 91,  Juli 2014, Seite 59-62


[1] F. van der Reep Finance 2.0 Superstructuren of terug naar de nuts, Incrowd, 18 november

[2] Grootaerts A. Zin. Over het leven in de 21e eeuuw, Uitgeverij Vrijdag, 2009

[3] A. Swanenberg , F. v/d Reep, Notes of the Testibility of Economic Theories, Logique en Analyse, Mӓrz 1982, ab Seite 57

F v/d Reep Positivistische Wetenschap en Economie, streven, Februar 1982, ab Seite 470

F v/d reep Over het kennen en kunnen in de economische wetenschap, Streven, November 1982, ab Seite 164

F v/d Reep politieke beeldvorming en Economisch Beleid, Streven, August 1984, ab Seite 1037

E. Berns und f. v/d reep Beweringen en hun Omheining, Maandschrift Economie, ab Seite 422

[4]  Pim van lommel Eindeloos bewustzijn, seite 276, Ten Have, dezember 2007, Referenzen 28, 29 und 30

[5] Elsbeth Etty Lamme smeerlap met je bank,   NRC 20. Oktober 2009

[6] Peter Levine Waking the tiger, healing trauma, Berkeley, 1997, Seite 43

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