Exklusion als sozialer Trend

Exklusion als sozialer Trend

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Es kommen immer mehr neue Netzwerke, geschlossene Klubs, die sich um einander kümmern, sich gegenseitig den Ruf befördern und miteinander teilen. Wer so einem Club nichts anbieten kann, bleibt draußen.

 

Das sind sehr interessante Zeiten. Eines der gossen Themen in den kommenden Jahren werden Anpassungen an eine neue Gesellschaftsordnung sein, wo Mittelklasse und Mittelstand zum Teil verdampfen . Die Forschungsresultate von Oxford zeigen, dass in den USA ca. 47 % von allen Jobs innerhalb von 20 Jahren verschwinden. An die sozialen Unterschiede müssen wir uns noch gewöhnen, das betrifft sicher Begriffe wie Reichtum, Erfolg und Enttäuschung . Dass mit dem Verdampfen der Mittelklasse die Stütze der Demokratie wegfällt begreifen wir, glaube ich, noch nicht ganz gut.

Diese Unterschiede entstehen, weil in der digitalen Netzwerkwelt die Kette genauso stark ist, wie das stärkste Kettenelement. Wenn Sie nur eine Person aus einem anderen Netzwerk kennen, bekommen Sie gleich den Zugang zum ganzen Netzwerk . Wenn z.B. Präsident Obama einen Tweet-Bericht über Sie oder mich macht, dann sind wir entweder „ innen“ oder „draußen“, das ist wie im Zweirichtungsverkehr. Weil das stärkste Kettenelement  Kraft und Einfluss der ganzen Kette bestimmt, beschleunigt sich die Gesellschaft Richtung Hub-and-Spoke-Modell. Jedermann waere interessiert, so eine Hub-Person in der Nähe zu haben, so bleibt man  mindestens relevant: dancing with the stars. Und so werden die Reichen immer reicher, die Bekannten noch bekannter und es schleichen sich große Unterschieden hinein, wobei soziale und wirtschaftliche Exklusion Hand in Hand gehen.

 

Nicht Verbindung sondern Exklusion wird als Thema immer brennender

Ohne Informationsaustausch mit einer ‚Hub-Person‘ kann man klug und jedoch total irrelevant sein. Die Verbindung mit solch einer Hub-Person bestimmt Ihre Effektivität . Das Hauptthema für die kommenden Jahre würde also nicht lauten : Verbindung sondern Vorbeugung der Exklusion. Wenn man nichts anbieten kann, bekommt man auch keinen Platz in dieser Gemeinschaft der erfolgreichen Bürger. In diesem Augenblick scheint es, dass wir mit diesem Phänomen mit Senioren und der arbeitslosen (ausländischen) Jugend vertraut machen können. Wie fühlt man sich dabei? Stellen Sie die Frage einigen gut ausgebildeten Menschen, die arbeitslos sind geworden und Hunderte von Bewerbungsbriefen ergebnislos verschickt haben . Oder schauen Sie doch in Griechenland. Wir beobachten, dass Profiling auf Basis von Big Data zu Inklusion führt und dadurch vor allem in Exklusion resultiert. Und dass Smartphones positioniert werden, als be connected any place, während 80% das Gerät gebraucht, um im eigenen sozialen Bubble zu bleiben und keine neuen Kontakte zu den Menschen um sich herum zu suchen. Ich erwarte, dass Exklusion als soziales Thema in Europa in der kommenden Zeit brennender, aktueller als je zuvor und dadurch auch wichtiger wird . Und wissen Sie, mit der Zeit bekommt das Thema auch einen politischen Kontext. Gemäss Thomas Piketty ist viel Ungleichheit gefährlich.

 

Unternehmenswelt gewinnt von der neuen Bürgerschaft

Die heutige Lage in der Ukraine, wo 0,5 % der Bevölkerung die übrigen 99,5 % dirigieren kann, zeigt, dass wir in der Zukunft verschiedene Wege einschlagen können. Lassen wir dabei hoffen, dass die Hubs Personen mit Weisheit und großem Verantwortungsbewusstsein sein . Ich unterscheide in den Entwicklungen vier mögliche Szenarien, die von zwei Wahlmöglichkeiten bestimmt werden: dezentrale Lösungen oder doch vertraut zentral ? Und was sind unsere Beweggründe : eigene Interessen oder allgemeine?

Vier mögliche Entwicklungsszenarien bis 2020

Wo geht es hin in 2020? ‘Fressen’:

eigene Interessen spielen führende Rolle

Exklusion

‘Moral’:

allgemeine Interessen führend

Verbindung

Dezentrale, lokale Lӧsungen Rubellos-Verhalten Neue Bürgerschaft
Zentrale Lӧsungen “politische” Unternehmen unkonventionelles Management

Ein Beispiel von dezentralen Lösungen ist Sonnenenergie über die Sonnenzellen auf den Dächern von unseren Wohnhäusern und vielleicht in der Zukunft eigene Wasserstoffzelle in der Garage . Zentrale Lösung ist Steinkohlezentrale, wovon viele heute noch abhängig sind . Systembanken sind auch Beispiele von zentralen Lösungen. Crowdfunding, einander Geld leihen oder Geldsammlungen in der Kirche als Versicherungsform, die sogenannten Peer-2-Peer-Systeme, sind dezentral . Hier in den Niederlanden hat z.B. Jan Rotmans viele interessante Ideen diesbezüglich geteilt sowie vor großen Spannungsfeldern und Machttransformationen, die dabei entstehen, gewarnt.

Papst Franciscus, Dalai Lama und Desmond Tutu sind meiner Meinung nach Beispiele des unkonventionellen Managements. Oder wie es der Woodstock Veteran Carlos Santana ausgedrückt hat: „Diese Menschen können alleine den Krieg stoppen. Sie verdrängen Liebe zur Macht durch Macht der Liebe” . Wenn jemand bei einem Fest auf Sie zukommt , weil hinter Ihnen eine größere soziale Chance für die Person steckt, nenne ich das Rubellos- Verhalten: eigene Interessen in reinster Form. Nachhaltige Entscheidungen bezeichne ich im Gegenteil als Form von Verantwortungsbewusstsein. Oder wie man es der Tabelle entnehmen kann : Nachhaltigkeit dient dem Moral . Nachhaltigkeit bekommt zum Glück schrittweise immer mehr Aufmerksamkeit und Erkennung und kennt als Thema zahlreiche sowohl zentrale als auch dezentrale, lokale Varianten. Die ersten Sonnenzellen-Zentralen  sind Realität . Nachhaltigkeit ist ein untrennbarer Bestandteil unserer modernen Gesellschaft geworden. Kein einziges Unternehmen darf diese Aspekte liegen lassen, das ist ein Schritt in Richtung Integrität.

Ich hoffe natürlich, dass das Szenarium mit der neuen Bürgerschaft an Einfluss gewinnt . Aber mein Realitätsgefühl gibt mir keine Möglichkeit um zu behaupten, dass das Szenarium in Kürze den Kampf gegen die traditionelle Unternehmenswelt gewinnt, die immer noch auf schnelle Gewinne und Macht gerichtet ist. Solange alle Bürgerinitiativen abgesondert voneinander funktionieren und viele Bevölkerungsschichten eigentlich (formell oder informell) exkludieren, wird die heutige Gesellschaftsordnung nicht umkippen , weil jede von den Initiativen eine kleine – wenn überhaupt- Hubkraft besitzt, um eine bedeutende Rolle spielen zu können . Ich denke, dass es äußerst wichtig bleibt, um alle gesellschaftlichen Herausforderungen zu nennen und das deutlich mit konkreten Beiträgen wie eine Ode an eine neue Welt mit neuen Möglichkeiten zu formulieren!

 

 

 

 

Flexibilität alleine funktioniert nicht, auch Regeln braucht man im Leben

Ich finde persönlich -in Begriffen der Tabelle gesprochen- dass die Bewegung nach rechts (mehr Integrität sowie Suchen nach Verbindung im persönlichen Handeln) wichtiger als die Bewegung nach oben (mehr Flexibilität ) ist. Einer der Gründe dafür wäre, dass Flexibilität die soziale Stabilität unterstützt. Alles nur flexibel im Leben- funktioniert nicht. Man braucht doch auch stabile Regeln: z.B. im Verkehr oder stabile Daten, wem welches Haus gehört. Es ist in diesem Augenblick schon so viel in Bewegung, dass Stabilität z.Zt. für die europäische soziale Agenda wichtiger scheint zu sein. Das Balancieren zwischen Stabilität und Bewegung ist und bleibt eine große Herausforderung.

Etwas Neues ist meistens eine nicht eher entdeckte Verbindung zwischen bekannten Elementen . Etwas Neues findet man oft dadurch, dass man die Elemente zusammen bringt, die früher nichts miteinander hatten (De Bono). Manchmal erfordert das die Veränderung in unseren mentalen Modellen (alles was wir bisher gelernt hatten) , und das vollzieht sich jetzt vor unseren Augen . Vielleicht müssen wir besser zuhören können. Zur Zeit lässt sich noch kein deutliches Zukunftsbild zeichnen, höchstens mögliche Szenarien. Meine Prognose lautet : Exklusion, alle Wege sind offen und viele Jobs gehen in der Zukunft verloren. Aber ich möchte es hier noch einmal betonen: alle Wege Richtung 2020 sind offen.

Exklusion haben wir im 20. Jahrhundert genug gesehen. Don’t go there.

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Referenz:

Exklusion, ein Sozialer Trend, (in) Kultur und Management, nr 92, August 2014, Seite 51-53

 

 

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