Unternehmen oder unterlassen?
„Wenn man immer aufs eigene Tor schießt, hat man zwar viele Treffer, aber man kann nicht gewinnen“- Cl. Boersig
Natürlich versuchen wir alle aus der Integration der Social Media in die Unternehmensprozesse zu lernen, warum es zu neuen Geschäftsmodellen und Unternehmensstrukturen führt. In meinen früheren Artikeln zum Thema habe ich schon erläutert, dass Unternehmen projektähnlich organisiert werden, Crowdworking sozusagen, aber soweit ist es noch nicht, obwohl die Veränderungen sich wirklich durchsetzen.
Neue Kommunikationstechnologien zwingen uns immer mehr, über die Topstrukturen im Unternehmen kritisch nachzudenken. Viele Großunternehmen sind heutzutage in separaten Bereichen mit eigener Gewinnverantwortung organisiert, wobei die Holding-Organisation eine Art Hausbank ist. Ich habe jedoch den Eindruck, dass diese Struktur mit den SBUs in Kombination mit dem zentralisierten Haushalt einerseits und einem CFO andererseits, nicht zur Synergie sowie zu den Spitzenleistungen beiträgt. Dieser Prozess vollzieht sich jetzt in den Niederlanden.
Was passiert denn in der Regel bei einem Großunternehmen? Der Haushalt muss dann zwischen einigen Inhabern mit eigenen Zielsetzungen und dem CFO an der Spitze verteilt werden. Das bedeutet ab und zu Kampf um Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit vom Vorstand, wodurch der Fokus nicht mehr auf den Markt und aufeinander gerichtet ist. Einseitiger Fokus auf kurzfristige Belange ist genauso ineffektiv.
Jeder Inhaber hat in diesem Modell nicht einen sondern zwei Wettbewerber. Das sind einerseits andere Unternehmen auf dem Markt und andererseits die anderen internen Inhaber. Der interne Wettbewerb mit einer Mischung aus Macht- und Solidaritätsmotiven- nach dem Motto:“ jeder stirbt für sich allein“- lenkt die Aufmerksamkeit des Managements von der Wertschöpfung ab. Karrieren werden oft von internen und nicht von externen Leistungen bestimmt, und die „internen Menschen“ verdienen oft mehr als die “externen“. Das kostet viel Zeit, ist umständlich und der SBU- Inhaber hat oft keine Genehmigung vom Mittemanagement, er arbeitet mit einer Bremse eingeschaltet, während er eigentlich eine Verantwortung für einen großen Club trägt. Das geht auf die Kosten von Kundenfokussierung, Spaß an der Arbeit, Arbeitstempo und befördert das „Von innen – nach außen“- Verhalten.
Wenn solch ein Unternehmen über eine allgemeine Verkaufsabteilung für alle SBUs verfügt, verbringt dieser Verkaufsclub mehr Zeit mit internen Abstimmungen und Zufriedenstellen als mit Verkauf. Das folgt dann aus der Benchmark-Analyse in Bezug auf die Verkaufskosten, und es ist einem gleich deutlich, dass daraus oft Reorganisation oder Sparmaßnahmen resultieren, die jedoch keine permanente Lösung bieten.
Wenn dazu noch kommt, dass die Business Units wenig Zusammenhang haben und die Businesslogik in der Kombination fehlt- beobachtet man in diesem Fall keine deutliche Unternehmensbelange- dann kann es wirklich schief gehen. Die Kosten des doppelten Wettbewerbes, worüber ich eher in diesem Artikel schon geschrieben habe, werden dann nicht mit zusätzlichen Einnahmen aus der Synergie kompensiert. Separate Business Units werden bei fehlender Synergie von den Analysten im Vergleich mit anderen Unternehmen, die sich nicht durch das ausschließlich interne Drumherum unterscheiden und nur externe Wettbewerber haben, ins Licht gebracht. In diesem Fall wird der Markt die Holding- Organisation als keinen Mehrwert schöpfende Aktivität einstufen sowie die Kraft ins Leben rufen, die diese wischen. Meiner Meinung nach ist das, was jetzt in zahlreichen Unternehmen passiert. Und was bei anderen Unternehmen in der nahen Zukunft passieren wird. Wo Mehrwert durch Spaltung geschöpft wird, wird vom Markt früher oder später erkannt.
Je kontinentaler die Auffassungen eines Unternehmens sind, desto mehr sieht man das.
Was wäre dagegen die Lösung für „zusammengefegte“ Großunternehmen sein, und wovor die Anleger gewarnt werden müssten ? Oder nimmt das Unternehmen die Entscheidung, um die benötigte Synergie doch zu organisieren? Wenn das nicht gelingt, dann denke ich, dass Business Unit -Inhaber wahre Unternehmer mit entsprechender Haftung sein müssten. Sie müssten dann mit einer Initiative zum geteilten Personaleinsatz sowie zur geteilten finanziellen Funktion, HRM, ICT und Business Strategie kommen. Auf diese Weise findet die heutige Holding-Organisation eine neue Bestimmung als Shared Center, von dem aus auch Leistungen fürs Geld erwartet werden. Dann kommt man in die Nähe einer kooperativen Bank.
Das Unternehmen sollte eigentlich mehr streben nach SEIN als SCHEIN. Das bringt mehr Ruhe in die Organisation.
Rat für Anleger: achten Sie vor allem auf die Rechte und Qualitäten der Inhaber sowie auf die Menschen um die Spitzenpositionen herum.