Im Artikel “Wir statt Gier ” in der Witschaftswoche in der Ausgabe 35 vom 27. August 2012 schreiben Sie ueber die Renaissance der Genossenschaften in Deutschland. Solche Initiativen haben sicher Zukunft, und in der Zeit von Internet und Social Media ist es fuer Menschen (und Unternehmen) immer einfacher um Gleichgesinnte zu finden und zusammen etwas Schoenes und Nuetzliches zu machen. Ich finde aber dass man die Idee Ihres Artikels in einem breiteren Kontext betrachten koennte: Wir-Kapitalisten als Ausdruck vom Wettbewerb 2.0 auf Unternehmensniveau: warum gegeneinander wenn es miteinander prima klappt und gute Resultate bringt?
Weil Internet u.a. die Kosten, um Zusammenarbeit zustande zu bringen, vermindert, ist es nicht mehr so oft nötig, die Produktivität über juristische Strukturen zu organisieren. Traditionelle Großunternehmen erweisen sich unter diesen Umständen oft als unfähig, die Zusammenarbeit billiger und effizienter als kleinere zielgerichtet funktionierende Unternehmen oder Individuen zu organisieren. Wir beobachten die Verschiebung der Produktion auf kleinere Unternehmen, Betriebe oder Freiberufler. In den Niederlanden sind in 2011 ca. 140.000 Freiberufler als Antwort auf diesen Trend hinzugekommen. Die durchschnittliche Unternehmensgrӧβe nimmt gleichzeitig ab. Mehrwert durch Verbindung.
Das würde zwei Dinge bedeuten. Erstens müsstest Du gut begreifen, was Du und etwas oder jemand anders in einem bestimmten Kontext wert ist. Und zweitens müsstest Du Vermögen, Möglichkeiten sowie Erlaubnis haben um Verbindungen zu knüpfen. Hier handelt es sich um den zweiten Teil: Verbindungen knüpfen. Natürlich setzt Verbindung ausgezeichnete Kommunikationsfähigkeiten voraus sowie deutliche Einsichten in eigene Wünsche und Ambitionen, um darüber deutlich kommunizieren zu können. Verbindung muss aber erlaubt sein, und in der Praxis kommt er hier oft zu Problemen. Wir wissen natürlich alle, dass Zusammenarbeit „Sinn und Zweck“ sowie ökonomischen Mehrwert schafft. Mit der totalen Vernetzung des Wirtschaftslebens wird es nur wichtiger. Andererseits haben wir es in den Niederlanden mit dem Wettbewerbsgesetz zu tun, das oft bestimmte Beziehungen verbietet oder abbrechen lässt darunter auch manchmal sehr wertvolle. Dass Tender fast ausschließlich von großen Unternehmen gewonnen werden hat damit alles zu tun. Zusammenarbeit, die für eine effektive Innovation Kernvoraussetzung ist, ist juristisch gesehen auf Basis vom Wettbewerbsgesetz mit NMA als Überwacher (das niederländische Kartellamt) oft untersagt. Merkwürdig, weil dadurch viele Sachen durch Wettbewerbsverpflichtung nicht abheben können.
Als Beispiel möchte ich hier E-Sicherheit und in Kürze auch Krankenversicherung nennen. Die niederländische Regierung hat beschlossen, dass Krankenhäuser Gewinn machen dürfen (lies: müssen). Das würde also bedeuten, dass die Zusammenarbeit zwischen den Ärzten in hohem Masse zu Frustration führt, weil sie ihre Kenntnis – als Basis für Gewinn- nicht mit ihren Fachkollegen teilen würden. Vielleicht wollen die Ärzte das, ihr Management hat aber total andere Pläne. Das ist nämlich, was Wettbewerb bedeutet. Warum gibt es hierzulande eigentlich NMA und z.B. kein Amt der allgemein nützlichen Angelegenheiten, das eingreifen würde, wenn gesellschaftlich relevante und sehr wertvolle Entwicklungen infolge der Wettbewerbsvorschriften nicht abheben könnten? Wettbewerb bedeutet eigentlich abgebrochene Verbindungen nach dem Prinzip „jeder für sich selbst“, wodurch wirklich große Probleme ungelöst bleiben. Ich denke, dass es eine unerwünschte Situation für Europa ist. Wenn die Banken nur mit als Ziel allgemeiner Nutzen zusammengearbeitet hätten!
Was bedeutet die Digital-Welt für das Wettbewerbsgesetz und die Zukunft des Kartellamtes? Vielleicht noch einmal darüber nachdenken? Andererseits setzt Zusammenarbeit ohne Markteinflüsse großen Maß an persönlicher Integrität voraus. Du und ich können das natürlich, aber die anderen…, und es ist sicher kein Bedarf an Maffia oder an einer ähnlichen kriminellen Organisation, wo sehr gut zusammengearbeitet wird. Das Manhattan-Projekt hat gezeigt, dass man bei perfekter Zusammenarbeit binnen 28 Monaten eine Atombombe entwickeln kann. Abschaffung des Wettbewerbs würde auch ein ethisches Problem ins Leben rufen. Wahre Zusammenarbeit macht natürlich unsichtbar, und wie bekannt, arbeiten wir alle für Spaß, Geld und Prestige. Spaß und Geld kann man schon verteilen, und die nehmen ja durch eine gute Zusammenarbeit zu. Wie steht es aber mit dem Prestige? Das ist natürlich eine ganz andere Geschichte. Wer verdient denn Anerkennung, Ehre oder eine Medaille?
Adam Smith, der Mann der „unsichtbaren Hand“, war letztendlich nicht ohne Grund Moralphilosoph, der über solche Dilemmas gründlich nachgedacht hat. „Nur Menschen mit Kapazitäten genügt ausschließlich Anerkennung, die sie sich selbst geben“. Ich finde das ein kompliziertes Problem: persönliche Integrität gegenüber Wettbewerbszwang, bin aber der Meinung, dass wir zurzeit mit zahlreichen Möglichkeiten des Internets und der Social Media mit Wettbewerbspflicht zu weit gegangen sind , wodurch viele Chancen auf wertvolle Zusammenarbeit verspielt werden.
Vielleicht sollte man Unternehmen, z.B. zum Zweck der Innovationsbeförderung mehr Zusammenarbeitsoptionen einräumen, und vielleicht sollte das Kartellgesetz um 2 Jahre „verschoben“ werden. Ich denke dabei an Sonnenenergie& Smart Grids, Internetsicherheit, sowie neue Bezahlmethoden mit Handy. Die Kooperation erlebt ihre Renaissance als Reaktion auf das angelsächsische Modell. Zahlreiche Ortsinitiativen ueberall in Europa sind ein guter Beweis dafür. Wettbewerb 1.0- Gewinnen ist Verlieren. Wettbewerb 2.0- Teilhaben ist das neue Gewinnen.
Und Wir-Kapitalismus statt Egoismus !