Wie wissenschaftlich ist die Wissenschaft?
Die Wissenschaft fängt eigentlich erst da an, interessant zu werden, wo sie aufhört.
J. von Liebig
Das ist sicher ein heftiges Thema, und trotzdem frage ich, wie wissenschaftlich eigentlich unsere Wissenschaft ist? Natürlich wissen wir von Kuhn, Polany, Hans Albert und G. Bateson, dass wir vor den Gefahren der Ideologie gewarnt werden müssen, und dass die Wissenschaft mit gesellschaftlicher Akzeptanz verbunden ist. Wir sind dann in der Regel von abweichenden Ausgangspunkten in der Wissenschaft nicht so begeistert. Und trotzdem, wie wissenschaftlich ist die Wissenschaft heutzutage? Das ist natürlich eine viel zu allgemeine Frage, höre ich schon Ihre Einwände, möchte in diesem Artikel trotzdem einiges betrachten.
Ich möchte hier auf einige Punkte eingehen, die mich zu dieser Frage inspiriert haben. Im jüngsten Artikel von Dijksterhuis: Das schlaue Unbewusste lesen wir, dass unser Unbewusstes fast eine halbe Sekunde eher als unser Bewusstes weiß, was wir als Nächstes tun werden, und dass die Rolle des Bewussten und Unbewussten -wissenschaftlich gesehen – neu definiert werden sollte. Aber was machen wir mit diesem Gedanken? Werden wir den Einfluss dieser Schlussfolgerung, nämlich in Bezug auf den primären Charakter des Unbewussten, in Bezug auf andere Kenntnis feststellen? Und wie ist es mit den Folgen für die Wissenschaft im Ganzen, müssen sie dann aufs Neue definiert werden? Und was bedeutet das konkret für die Unternehmen und die Politik?
Ein anderes Beispiel. Es gibt verschiedene Menschen, die jahrelang nicht mehr essen. Haben wir vielleicht bestimmte Funktionen in unserem Körper übersehen? Nennen wie die Menschen, die das behaupten „Quacksalber“? Oder sagen wir: Los geht es, an die Arbeit?
Noch ein Beispiel zum Schluss. Wir kennen verschiedene Vorfälle, wobei die Menschen nach der Herztransplantation Erinnerungen und Emotionen der Träger bekommen haben. Pim van Lommel nennt das zum Beispiel in seinem fantastischen Buch : „Das endlose Bewusstsein“. Interpretieren wir diese Erinnerungen als Fälschung der bestehenden Theorien, und werden diese Einsichten in den Abfalleimer geschmissen oder werden wir neue Hypothesen formulieren müssen? Oder verurteilen wir diese „Beweise“ als ein schlechter Witz und kehren zur Realität des Alltags zurück?
Nehmen wir diese Tatsachen in die Bildung, Forschung mit, auch wenn wir sie nicht ganz begreifen, auch wenn sie über die bestehenden Einsichten hinaussteigen? Oder ignorieren wir diese? Wählen Sie Macht oder Wissenschaft? Kommt vielleicht eine neue Debattenrunde über Macht und Wissenschaft auf die Tagesordnung?
Ich denke, dass stürmische technologische Entwicklungen uns immer mehr Tatsachen präsentieren werden, die bestehenden Einsichten herausfordern würden. Die Quantenphysik ist hier sicher ein gutes Beispiel. Das fordert also Bildung und Forschung, um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen und die Integrität der Wissenschaft ernst zu nehmen. Auch wenn es ab und zu weh tut. Das rechtfertigt meiner Meinung nach eine wichtige Rolle der Geisteswissenschaften im Rahmen des Wissenschaftsprogramms.
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Referenz:
Wie neugierig muss Wissenschaft sein? (in) Kultur und Management,1504, Nr 100, april 2015, Seite 49
http://www.fransvanderreep.com/wp-content/uploads/2015/04/km1504-filosofie-column.pdf