Am Anfang steht die Farbtube……..
oder was haben Glück, Weisheit, Twitter und Serendipitӓt mit Innovation zu tun?
Im Nachhinein ist jede gute Idee logisch, aber um dorthin zu gelangen, muss man die Denkrichtung ändern.- De Bono
Hast Du dich je gefragt, wie Innovationen im Internetzeitalter zum Stand kommen? Glück, Ruf, ein richtiges Timing spielen selbstverständlich immer noch eine Rolle, aber Social Media und die weltweite Verbindungen im 24/7-Takt bestimmen gleichzeitig die neuen Spielregeln.
Aus früheren Erfahrungen können wir viel lernen. Die Einführung der Farbtube um 1850 führte zum Aufblühen des Impressionismus in der Malerei. Farbtube als Entdeckung kommt aus dem Jahr 1850, wenn man dem Schild hinter der Kirche in Crecy la Chapelle in Frankreich glauben darf. Dank der Farbtube konnten die Maler Ölgemälde auch draußen malen. Das taten sie auch, und so wurde in der Umgebung die sogenannte Schule von Barbizon und später der Impressionismus ins Leben gerufen. Natürlich wurde das nicht nur durch die Farbtube ermöglicht sondern auch durch eine günstige Kombination von mehreren Faktoren: Farbtube, malerische Umgebung sowie einen besonderen Lichteinfall im Tal.
Eine zufällige, günstige Kombination der Faktoren also, die im Nachhinein vollkommen logisch scheint. Wie Geld zum Beispiel oft der Kultur folgte. Und danach kam die Bahn, um wohlhabende Bürger von ihren Häusern in der Umgebung von Crecy-Barbizon komfortabel nach Paris und zurück zu bringen. Nach der Bahn kamen gewöhnliche Menschen und die Industrie. Die Farbtube war demzufolge Beschleuniger der kulturellen und gesellschaftlichen Bewegung.
Dieses Beispiel veranschaulicht ganz gut, wie wir uns die Veränderungen, neue Entwicklungen und neue Lösungen u.a. in diesem dynamischen Internetzeitalter vorstellen sollen. Auf der Schnittstelle der technischen, kulturellen und ökonomischen Bereiche sowie bei einem günstigen Timing und Zusammentreffen aller übrigen Umstände kann eine wahre Innovationswelle entstehen. Schau mal genau auf die Zutaten rundum die Farbtube! Neue und im Nachhinein erfolgreiche Entdeckungen beginnen in erster Linie ganz klein. Welche von den Neuheiten überleben werden, und welche nicht, lässt sich am Anfang noch nicht sagen. Warum wird eine bestimmte Entdeckung ein großartiger Erfolg und die andere, die am Anfang genauso gut schien zu sein, nicht? Warum gelingt ein Durchbruch einem bestimmten Pianisten oder Schauspieler und einem anderen-mit mehr Talent- nicht? Das ist die Frage, wie die Umstände zusammentreffen, Umstände aus verschiedenen Gebieten, und das begreift man normalerweise erst im Nachhinein. Alle Weichen müssen sozusagen richtig gestellt werden um Erfolg zu haben.
Sehr oft wird die Entdeckung vom Endverbraucher selbst getan, weil sie dann ein konkretes bestehendes Problem mit der neuen Technologie einfacher und gleichzeitig auch kreativer lösen kann. Ein Beispiel? Ich glaube, dass kein einziger Handyhersteller das im Voraus bedacht hat, dass man mit der Kamera ein „Location- based“- Foto machen kann, wo das Auto z. B. in einer unbekannten Stadt geparkt ist oder mit dem Foto beweisen kann, dass der Strafzettel unbegründet war, was zu einer neuen Nachrichtenform führt: der sogenannte Bürgerjournalismus. Genauso wie im Fall mit der Farbtube entsteht eine neue Gebrauchssituation: der Endverbraucher bestimmt die Innovation.
Manchmal ist der Name von etwas Neuem (z.B. ein starker und passender Titel zu einem Artikel) eigentlich schon der Schlüssel zum Erfolg. Knut, der kleine Kuschelbӓr, schien am Anfang ein großer Hit zu sein, und mit der Zeit und als Resultat bestimmter Entwicklungen ist das aus dem Gehirn (praktisch) gelöscht. Wie sich das Konzept „das neue Arbeiten“ weiter entwickelt, lässt sich jetzt noch nicht voraussagen, die Zeit wird es uns zeigen. Crowdsourcing wird sicher Erfolg, schon alleine aus dem Grund, dass das Wort so überdeutlich ist und genau angibt, worum es sich hier handelt. In 2005 habe ich das Moneyskype genannt, aber wir begreifen natürlich sehr gut, dass Crowdsourcing ein viel besserer Begriff dafür ist, und das ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor ist.
Neue Entwicklungen sind damit also auch nicht planbar am Arbeitstisch, nicht steuerbar mit einem Dashboard und nicht erklärbar in Business Cases und Spreadsheets. Das sind keine Linearprozesse. Innovation bricht durch, wenn in verschiedenen Bereichen die richtige Kombination aus Unternehmertum, Wissenschaft und Kultur entsteht. In diesem Sinn ist eine erfolgreiche Innovation immer eine offene Innovation.
Durchbruch einer Innovation kann man mit Begegnung mit dem schönsten Mädchen vergleichen. Viele Innovationen überleben es nicht, weil das Fenster („window of opportunity“), im Nachhinein gesehen, nicht weit genug offen stand. Dem schönsten Mädchen begegnet zu sein ist nicht genug, es muss zum richtigen Zeitpunkt und unter günstigen Umständen stattfinden. Viele Innovationserfolge beruhen also auf einem glücklichen Zufall. Wenn es einen glücklichen Zufall gibt, bedeutet es, wir sind auf diese Innovation vorbereitet, reif dafür, dann werden Neuheiten praktisch immer an mehreren Orten gleichzeitig von verschiedenen Menschen eingeführt. Was das betrifft, ist Innovationserfolg mehr Glück als Weisheit, ein bisschen vergleichbar mit dem Jackpot in der Lotterie, Du weißt sicher, jemand wird es gewinnen, aber ob Du das wirst? Es scheint ein bisschen Wahrscheinlichkeitstheorie zu sein.
Was können Unternehmen mit diesen Einsichten anfangen? Sehr einfach, wenn eine Neuheit einen kleinen Erfolg zeigt, wird die Chance, dass es später ein großer Erfolg wird, bedeutend grösser. Das ist eine betriebswirtschaftliche und operationelle Weisheit, die Wagniskapitalisten gut kennen. Darum bevorzugen Sie Investitionen in kleinere gut ausbaubare Unternehmen mit einem vielseitigen und talentvollen Team sowie mit den (ersten) bereits bewiesenen operationellen und wirtschaftlichen Erfolgen.
Vom Standpunkt der Farbtube als erfolgreicher Innovation aus ist das eine plausible Begründung. Wahrscheinlich waren alle Weichen richtig gestellt, es gab ein offenes Fenster, was Timing, Inhalt und Kupplungen mit verschiedenen Bereichen betrifft. Andernfalls hätte dieses kleine Unternehmen auch keinen Erfolg gehabt. Da die Haltbarkeit von Ideen und Erfolg in unserer Zeit immer kürzer wird, gewinnt die Ausbaumöglichkeit, in Kapital ausgedrückt, sowie weltweite Anwesenheit von Sales und Produktion etc enorm an Bedeutung. Viele Start-ups überleben die letzte Phase nicht, was Möglichkeiten für die Schnellfolger –Innovationsstrategie von Großunternehmen kreiert. Dieses „faule“ Verhalten der Großunternehmer kann logisch erklärt werden und ist sogar vom Standpunkt der wachsenden Ertragskraft aus nicht unlogisch.
Welche Rolle spielen Social Media bei Innovationen? Ich denke, dass Social Media die Chance auf einen glücklichen Zufall und “ Window of opportunity“ vergrößern. Oder wie Bas van de Haterd das gut ausgedrückt hat : Social Media vergrößern die Serendipitӓt. Als Beispiel nannte er zwei Personen, die durch zahlreiche Termine anderweitig leider keinen Termin miteinander machen konnten und durch Twitter entdeckten, dass sie im selben Zug saßen. Social Media kreieren Hyperverbindung und damit eine bessere Chance, dass alle Weichen auf dem Gebiet von Kultur, Technik und Wirtschaft gut gestellt werden. Sie richten unseren Blick über die eigenen Mauern hinüber. Durch Social Media finden die Puzzlestücke öfter und einfacher die richtige Position.
Aber es bleibt natürlich die Frage: was sind die Farbtuben unserer Zeit, und was kann getan werden um das herauszufinden. Das scheint mir Stoff für…… wenn ich das nur wüsste….!